Zum 01.07.2015 geht eine lange Tradition zu Ende. Die Mannschaft der Handballmänner der SG Motor Neptun Rostock löst sich aus Altersgründen auf – nach 67 Jahren wechselvollen Vereinslebens! Addiert man die Vorkriegsgeschichte waren es seit 1925 sogar 90 Jahre.
Diese Nachricht kann von allen Handballfreunden in Rostock und Mecklenburg-Vorpommern, wahrscheinlich auch darüber hinaus, nur mit Schmerz zur Kenntnis genommen werden, waren es doch die Handballer dieses Vereins und seiner Vorgänger, die die großartige Rostocker Handballtradition begründeten und deren Erfolge unauslöschlich in der Chronik unseres wunderschönen Sports bestehen bleiben.
Es begann 1947 mit den ersten Schritten nach dem 2.Weltkrieg und der Gründung der Betriebssportgemeinschaft Motor Rostock/VEB Schiffswerft „Neptun“ Rostock am 10. Oktober 1948. Diese Gründung fußte auf der Arbeitersportbewegung aus dem Jahre 1925, in dem der Rostocker Ballspielverein (RBV) gebildet wurde. 1949 stieß die Sportgemeinschaft Rostock West hinzu und zunächst unter dem Namen BSG Anker, dann BSG Motor Rostock wurde erste sportliche Erfolge errungen. Die Handballer und Handballerinnen taten sich besonders hervor. Dreimal DDR-Meister in der Halle und einmal auf dem Großfeld (1953 bis 1955) wurden die Männer. Den Frauen gelang der Aufstieg in die DDR-Liga. Bis zu 10000 Zuschauer sahen die Spiele auf dem Sportplatz in der Hans-Sachs-Allee. In Ermangelung einer eigenen Sporthalle in Rostock wurden die Heimspiele der DDR-Meisterschaft noch in Wismar ausgetragen. Mit der Eröffnung der Sporthalle Marienehe konnten die Handballanhänger ihre Helden dann auch zuhause bewundern. Namen wie Fiete Reder, Günther „Paule“ Mundt, Hansi Beier, Günter Quednau, Rudi Herhaus, Peter Steinhäuser, Gerd Langhoff, „Männe“ Schuldt, Klaus Dieter Matz waren nur einige der Wegbereiter des Handballs. Viele verdienstvolle Enthusiasten wären zu nennen, aber dieses Format reicht nicht aus, alle zu erwähnen. Einige wenige, die als Kinder und Jugendliche ihre ersten Handballschritte bei „Motor“ gemacht haben, haben den Verein bis heute die Treue gehalten – auch wenn sich die Bedingungen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft häufig geändert haben. So konnten bis zur politischen Wende im Jahr 1989 die Motor-Handballer immer eine positive Rolle im Bezirk Rostock und darüber hinaus spielen. Auch als nach der Umstrukturierung des Leistungsports in der DDR 1956 der Spitzensport beim neu gegründeten SC Empor angesiedelt wurde und der erfolgreiche Kader dorthin delegiert wurde, blieb die Sektion Handball der BSG Motor ein maßgeblicher Faktor im Norden der DDR und später in Deutschland. Bei Empor bildete der delegierte Kader die Grundlage für die spätere einzigartige Entwicklung des SC Empor mit seiner ungezählten Erfolgen und Nationalspieler, sowohl im weiblichen als auch männlichen Bereich.
Einschneidend für die Vereinssituation waren die Veränderungen in den Jahren nach 1989. Mit dem Zusammenbruch der Werftindustrie in Mecklenburg-Vorpommern und der neuen Orientierung des Sportsystems verloren die Sportfreunde der der BSG Motor Neptunwerft Rostock fast sämtliche Grundlagen ihrer wirtschaftlichen Existenz. Die Neugründung der SG „Motor Neptun“ Rostock als Alternative bot etlichen Freunden des runden Leders noch Jahre des Freizeitsports ohne leistungssportlichen Anspruch - und das auf hohem Niveau. Als viele in „Abwartehaltung“ der Dinge harrten, die auf sie zukommen sollte, packten Sportfreunde wie Dietrich Schütz und Horst Klafehn mit an und sorgten und sorgen bis heute dafür, dass der Männerhandball auf Kreis- und Bezirksebene in Rostock eine Heimstadt hatte bzw. hat. So garantierte der Einsatz von „Dieter“ Schütz im Kreishandballbund einen regelmäßigen Spielbetrieb, der auf dieser Grundlage bis heute stabil funktioniert. Keine Meisterschaft, keine Pokalrunden, kein Beachhandballturnier, kein Warnemünde Cup fand ohne die Männer der SG Motor Neptun Rostock statt.
Nun fordert zum 1.Juli dieses Jahres das Alter seinen Tribut – die Handballmänner in der SG Motor Neptun wird es nicht mehr geben. Sie werden aber in einer allgemeinen Sportgruppe weiter aktiv sein. Mir bleibt nur und ist es ein Bedürfnis, allen Mitstreitern des Vereins recht herzlich für die jahrzehntelange Arbeit zu danken. Ihr wart immer faire, sportliche Partner, die jederzeit Sport im besten Sinne gelebt haben. Ich bin stolz darauf, einige Jahre gemeinsame Zeit mit Euch gehabt zu haben und wünsche Euch alles Gute, immer mit den besten Gedanken an unseren schönen Sport.
Klaus-Peter Alm
Ehrenvorsitzender des BHV Rostock M-V-Nord
Rostock im Juni 2015